
Das Schönste am Nüchternsein?
Ich muss nie wieder einen Kater ertragen! Keine zitternden Hände, keine Übelkeit am Morgen, und vor allem: keine Panik mehr, was ich am Abend zuvor gesagt oder getan haben könnte. Für mich bedeutet Nüchternheit nicht Verzicht, sondern Freiheit – Freiheit, meinen Tag klar und bewusst zu erleben. Freiheit, ganz ich selbst zu sein, ohne den trüben Schleier des Alkohols, der alles verzerrt.
Seitdem ich mich entschieden habe, ohne Alkohol zu leben, laufen die Dinge einfach besser. Natürlich klappt nicht alles auf Anhieb, und ja, auch in meinem nüchternen Leben gibt es Herausforderungen und Rückschläge. Aber selbst diese lassen sich mit klarem Verstand viel besser bewältigen. Die Gefühle, die kommen und gehen, sind jetzt echt, und ich kann sie bewusst wahrnehmen und einordnen. Keine ständigen kleinen Dramen mehr, keine zwischenmenschlichen Verstrickungen, die sich aus der Unsicherheit des Trinkens ergeben. Mein nüchternes Leben hat mich ruhiger, ausgeglichener und besonnener gemacht. Ich verdränge die unangenehmen oder beängstigenden Dinge nicht mehr, sondern stelle mich ihnen.
In den sechs Jahren, die ich nun nüchtern bin, habe ich wieder Lust am Leben gefunden. Ich habe Spaß daran, Neues auszuprobieren und wage Dinge, die ich mir früher nie zugetraut hätte. Zum ersten Mal konnte ich mich auf eine echte, erwachsene Beziehung einlassen – ganz ohne Drama. Dabei habe ich gelernt, wie eine gesunde Partnerschaft wirklich funktioniert.
Durch mein nüchternes Leben habe ich auch die Freude am Zeichnen und Malen wiederentdeckt. Seit der Schulzeit war ich dazu nicht mehr in der Lage. Früher habe ich meine Bilder nie fertiggestellt, weil ich sie nicht mochte und oft zerstörte, bevor sie überhaupt Form annahmen. Jetzt habe ich verstanden, dass das Malen ein wunderbares Ventil für mich ist – eine Möglichkeit, meine Emotionen auszudrücken, ohne Worte finden zu müssen.
Insgesamt fühle ich mich gesünder und energiegeladener, auch wenn die Wechseljahre manchmal ihre Spuren hinterlassen. Aber selbst das nehme ich gelassen. Ich bin zufrieden mit mir selbst und unfassbar dankbar, dass mein 26-jähriger Sohn stolz auf mich ist. Er sagt, ich sei ein Vorbild für ihn – etwas Schöneres kann ich mir nicht vorstellen.
Ich könnte ewig so weitermachen, die Liste der Dinge, die mein Leben ohne Alkohol bereichern, ist lang. Eines steht für mich aber felsenfest: Ein Leben ohne Alkohol war und ist die beste Entscheidung, die ich für mich treffen konnte.