Du bist abhängig von Alkohol und keiner merkt's Let’s talk sober Titilayo Bornmann

Die unsichtbare Trinkerin

Stell dir vor, du bist abhängig von Alkohol und keiner merkts.

Stell dir vor, du bist das, was man im Volksmund so gerne als Alkoholikerin bezeichnet, und keiner weiß davon. Du funktionierst. Du gehst zur Arbeit, machst Witze, lächelst, und wenn jemand fragt, wie es dir geht, sagst du: "Gut, alles bestens." Du bist die Meisterin der Fassade. Tagsüber läuft es vermeintlich wie geschmiert, aber innerlich tobt der Sturm. Keiner ahnt, wie es im Inneren aussieht. Keiner weiß, dass du eigentlich kaum fähig bist, zu arbeiten, dass du dich viel lieber verkriechen und verstecken möchtest. Und dann kommt endlich der lang ersehnte Feierabend. Der Moment, auf den du den ganzen Tag wartest – endlich das erste Glas. Dein Rückzug, deine Belohnung für einen weiteren Tag, den du erfolgreich gespielt hast.

Weil es keiner merkt, musst du es dir selbst nicht eingestehen

Es bleibt nicht bei dem einen Glas. Du weißt das. Auch wenn du es dir jeden Tag aufs Neue schwörst. Der Alkohol ist schon lange dein heimlicher Geliebter und er wird dich auch an diesem Abend wieder verführen. Eigentlich weißt du schon lange, dass du abhängig bist, aber weil es anscheinend keiner merkt, musst du es dir selber auch nicht eingestehen.

  • Du hast gelernt, wie man den Pegel hält.
  • Du kennst die perfekte Dosis, bei der du noch klar genug bleibst, damit niemand etwas bemerkt.
  • Du wirst nicht laut, du wirst nicht auffällig, vielleicht nur noch ein bisschen lustiger als sonst.
  • Du bist genauso, wie alle dich (glauben zu) kennen – nur, dass du innerlich langsam zerbrichst.
  • Du erzählst dir selbst, dass du es im Griff hast, dass es nur Phasen sind.
  • Aber tief in dir, da ist eine zarte Stimme, kaum hörbar, die dich anfleht endlich aufzuhören.
  • Jeden Morgen schwörst du dir, dass es ganz bald vorbei ist und dass du einfach nur aufhören brauchst und dann ist wieder alles gut.

Alkohol ist ein stiller Begleiter – niemand ahnt etwas von meiner Sucht

Das Versteckspiel wird zum Alltag. Und je länger du es spielst, desto schwerer wird es, herauszukommen. Alkohol wird dein stiller Begleiter, der dir vorgaukelt, dass alles gut ist, während er dich immer weiter in seine Fänge zieht. So habe ich es erlebt.

Ich habe irgendwann, als ich bereits ein Jahr lang trocken war, Freunde, Verwandte und auch die eine oder andere ehemalige Arbeitskollegin gefragt, ob sie geahnt haben, dass ich alkoholabhängig war. Alle haben verneint. Ich mache niemandem einen Vorwurf, denn erkennen musste ich es zuallererst selbst, dass ich Hilfe brauchte.

Hätte ich mir gewünscht, dass andere es bemerken und mich darauf ansprechen? Ja und nein. Ja, weil es vielleicht die Chance gewesen wäre, früher aufzuhören und nein, weil ich mich unendlich geschämt habe und sehr froh darüber bin, dass ich selbst erkennen durfte, dass ich so nicht mehr weitermachen wollte und endlich bereit war mir Hilfe zu holen.

Wie erkennt man, dass jemand auf dem besten Wege ist, abhängig von Alkohol zu werden und wie kann man helfen?

Die aller wichtigste Regel ist, dass du nur helfen und unterstützen kannst, wenn die betroffene Person einsieht, dass sie Hilfe braucht. Das ist der schwierigste Teil und ich werde nicht müde, es zu sagen und zu schreiben, ohne die Einsicht wird sich nichts ändern. Doch wenn die Person sich öffnet, dann sei einfühlsam und bleibe bei den Sorgen, die du äußerst, immer bei dir:

  • Ich habe den Eindruck, dass du regelmäßig trinkst und ich mache mir Sorgen, dass du abhängig davon wirst oder bist.
  • Kann ich dich irgendwie unterstützen?
  • Und die aller wichtigste Frage: Willst du aufhören zu trinken?

Lasse dich beraten von Menschen, die dich verstehen

Hier auf meiner Webseite findest du Beratungsstellen und Hilfsangebote, wenn es um Alkoholerkrankungen geht. Ich weiß, wie schwer es sein kann, sich einzugestehen, dass man Hilfe braucht. Aber genau dafür sind diese Anlaufstellen da – um dir Unterstützung zu bieten, egal wo du auf deinem Weg stehst. Hier findest du Menschen, die verstehen, was du durchmachst, und die dir helfen können, deinen nächsten Schritt in Richtung Heilung zu gehen.